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Folge 14: Jacoba van Heemskerck

Sommerferien! Ihr habt sie hoffentlich bisher genießen können. Tage, an denen ihr tun und lassen könnt, was ihr möchtet.
Vielleicht habt ihr nun auch mal wieder Lust, euch Kunstwerke anzuschauen und eine Künstlerin kennen zu lernen. Eine Künstlerin, die wirklich sehr mutig war und konsequent ihren Weg gegangen ist. Kompromisslos modern eben! Ihre Kunst und die Zeit, in der sie lebte, zu entdecken, macht wirklich Spaß!
Vielleicht habt ihr aber auch Lust, zu zeichnen, zu drucken oder zu malen und euch dabei von ihr und uns inspirieren zu lassen? Dann schaut vor allem unsere kreativen Anleitungen an!

Also, herzlich Willkommen in unserem sommerlichen Kindermuseum! Natürlich laden wir euch, auch weiterhin bei freiem Eintritt (bis 18 Jahre), herzlich zu uns in die Kunsthalle ein, um die Arbeiten der Künstlerin und andere Werke im Original anzuschauen.

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Unsere neue Ausstellung heißt „Jacoba van Heemskerck. Kompromisslos modern“. Jacoba? Van? Heemskerck? Was für ein eigenartiger Name? Das denkt ihr vielleicht jetzt. Ja, Jacoba ist ein sehr alter Name. Der Zusatz „ van“ in ihrem Namen zeigt uns ihre adelige Herkunft an. Und Heemskerck – das ist niederländisch.
Jacoba van Heemskerck wurde im vorletzten Jahrhundert, 1876, in den Niederlanden geboren. Sie starb 1923.

Wir tauchen also in die Zeit vor über hundert Jahren ein. Jacobas Vater war ein adeliger Marineoffizier und Maler von Seestücken. Das sind Bilder mit maritimen Themen, wie z. B. Segelschiffe oder Meeresansichten. Jacobas künstlerisches Interesse stieß also auf Verständnis in der Familie. Zunächst. Natürlich unterrichtete ihr Vater sie, lehrte sie das Zeichnen. Ab 1897 studierte sie sogar Malerei an der Königlichen Kunstakademie in Den Haag. Das war zu der Zeit etwas ganz Besonderes und wäre in Deutschland gar nicht möglich gewesen. Hier durften Frauen erst nach 1919 an den Kunstakademien studieren. Da hat sich doch sehr viel verändert in den letzten hundert Jahren!

Aber dort lernte Jacoba traditionelle Auffassungen und Techniken kennen, die so genannte akademische Malerei. Landschaften, Porträts und historische Ereignisse standen auf dem Stundenplan. Hier wurde gelehrt, wie man das realistische Vorbild, die Natur am besten nachahmt und den Eindruck vermittelt, das Bild bilde die Natur direkt ab.

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Jacoba van Heemskerck in ihrem Atelier, 1915
© RKD Nederlands Instituut voor Kunstgeschiedenis

Und das wollte Jacoba eben nicht! Sie merkte sehr schnell, dass sie in ihrer Malerei etwas anderes ausdrücken wollte. Sie wollte nicht einfach die Natur nachahmen. Sie suchte nach dem Erleben hinter den Dingen, nach Gefühlen und Stimmungen, nach der Rolle von Farben und Formen und welche Wirkung sie auf uns haben. Und sie war nicht die Einzige, die so empfand.
Wie viele andere Künstler*innen reiste sie immer wieder nach Paris. Dort war es möglich, sich in Kursen an privaten und staatlichen Akademien fortzubilden. Und die künstlerische Atmosphäre der Stadt mit den vielen Museen beflügelte sie.
Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Jacoba in niederländischen Ausstellungen vertreten. Sie lernte andere Künstler*innen kennen, organisierte sich in Künstlervereinigungen. Vor allem aber studierte sie die modernen Bewegungen und Neuerungen in der Kunst, die sie auf ihren Reisen und Ausstellungen kennenlernte. Auch andere Künstler*innen nutzten jetzt kräftige Farben und bildeten die Natur nicht mehr detailgetreu ab.
Jacoba van Heemskerck ist neue und mutige Wege gegangen. Sie hat sich von der traditionellen dunkeltonigen Malweise abgewendet und im Verlaufe von zwei Jahrzehnten ihren eigenen Stil entwickelt. Das könnt ihr anhand der Arbeiten in unserer Ausstellung sehr gut nachvollziehen. Dort macht ihr sozusagen einen Spaziergang durch ihre Entwicklung, ihre verschiedenen Schaffensphasen. Und einige Arbeiten lernt ihr schon bei uns kennen.

Bestimmt fragt ihr euch, wie die Künstlerin lebte! Das wollten nämlich die Kinder und Jugendlichen, die schon bei uns waren, immer wissen.

Jacoba van Heemskerck war nicht verheiratet und hatte auch keine Kinder. In ihrer Lebensgefährtin Marie Tak van Portvliet

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Marie Tak van Portvliet, o.J., © Kunstmuseum Den Haag

hatte Jacoba eine Freundin gefunden, die ihre Leidenschaft für die Kunst teilte. Marie legte sogar eine Sammlung moderner Kunst an, die sie später einem Museum schenkte. Sie kaufte auch immer wieder Arbeiten ihrer Freundin Jacoba an. Durch eine Erbschaft war Marie sehr vermögend. Das war ein großes Glück für die Freundinnen, denn auch Jacoba verfügte über Geld und konnte darüber hinaus auch gut von ihren Bildverkäufen leben. So unternahmen Marie und Jacoba viele Reisen, besuchten Ausstellungen und waren oft mit anderen Künstler*innen zusammen. Ab 1905 verbrachten sie die Sommermonate gemeinsam in Domburg am Meer – das merkt man Jacobas Bildern an.
Der kleine Ort Domburg an der niederländischen Nordseeküste entwickelte sich schnell zu einem Künstlertreff. Ausstellungen fanden statt, man arbeitete gemeinsam und vor allem wurde viel diskutiert.

Das ursprüngliche Haus und auch ein Ausstellungsgebäude der beiden Frauen sind im Laufe der Zeit durch Wind und Wetter zerstört worden, aber es gibt heute an der Stelle einen Nachbau, in dem das Marie Tak van Portvliet Museum beheimatet ist. Hier kannst du es anschauen: https://marietakmuseum.nl/de/das-museum/  Wer weiß, vielleicht führt dich irgendwann einmal eine Ferienreise in die Nähe und du kannst die Orte, an denen Jacoba van Heemskerck gelebt und gearbeitet hat, besuchen.

0335093	Jacoba van Heemskerck	Vliegdennenbos	Schilderij	99,4 x 78 cm

Jacoba van Heemskerck
Kiefernwald, 1910
Öl auf Leinwand
93,6 x 71,3 cm
Kunstmuseum Den Haag
Foto © Kunstmuseum Den Haag

Nach ihrer akademischen Ausbildung und vielen neuen Impulsen entstand 1910 dieser Kiefernwald. Ihr seht sicher gleich, dass die Bäume nicht naturgetreu darstellt sind. Jacoba ist hier sehr frei mit den Farben umgegangen. Die Bäume entwickelte sie aus grünen und blauen Farbtupfern, zwischen denen die Baumstämme als rötliche Linien leuchtend hervortreten. Trotzdem habt ihr an der Form sicher sofort die Bäume erkannt. Ist es nicht eher eine Stimmung, die sie vermittelt? Gemalt wurde das Bild an der Nordsee, wo Jacoba und Marie die Sommermonate verbrachten. Es ist also meist warm, aber auch windig. So sind Jacobas Bäume vom Wind geformt, beugen sich. Und die Farben?

Jacoba interessierte das Licht und dessen Wirkung auf ihre Farben. Ihr Interesse an Licht wächst jedenfalls mit der Zeit und gipfelt in ihren Glasfenstern, wie ihr später sehen werdet. Immer wieder ist sie auf der Suche, ihre Farben zum Leuchten zu bringen. Und sie wollte die Natur nicht länger abbilden, sondern das Wesen der Dinge darstellen. Deshalb suchte sie nach Formen, die für die Dinge stehen und nach Farben, die ihr Wesen ausdrücken können.

Schaut euch dieses Gemälde an! Was entdeckt ihr dort? Und wie empfindet ihr die Atmosphäre im Bild?

0332261	Jacoba van Heemskerck	Bild no. 33	Schilderij	83,2 x 103,3 cm
Jacoba van Heemskerck
Bild Nr. 33 (Meer mit Schiffen), 1915
Öl auf Leinwand
80,5 x 100,5 cm
Kunstmuseum Den Haag
Foto © Kunstmuseum Den Haag

Sicher seht auch ihr den sonnigen Himmel, das Meer, Segelboote, vielleicht einen Steg, Häuser und auch Berge. Jacoba stellte alles vereinfacht und stark reduziert dar. Sie war sehr vertraut mit ihren Lieblingsmotiven, den Schiffen und Segelbooten, der niederländischen Küstenlandschaft, Fischerdörfern und Meerestieren und vor allem mit Bäumen.
Diese Motive hat sie am Anfang ihres Schaffens naturgetreu wiedergegeben, dann stark vereinfacht. Stilisiert sagt man auch. Ein nächster Schritt war, zu abstrahieren, d.h. noch etwas weiter vom Gegenstand abzurücken. Und abstrakt zu malen, bedeutet dann, dass wir gar keine Gegenstände mehr erkennen. Auch abstrakt hat Jacoba gemalt. Dort waren ihr allein der Rhythmus und die Dynamik der Kompositionen wichtig.
Aber hier erleben wir eine Szene am Meer, die uns den Wind, die bewegten Segel und das Meer vermittelt. Die Atmosphäre? Der gelbe Himmel und vor allem die rosafarbene Fläche und die dynamischen kurvigen Formen vermitteln uns eine positive Stimmung. Die schwarzen Striche strukturieren das Bild. Teilt ihr diesen Eindruck?

Jacoba nennt ihre Bilder übrigens immer „Bild“ und nummeriert sie. Sie wählt hier die deutsche Sprache. Bisweilen geben uns die Untertitel einen Hinweis auf das Dargestellte: Bild Nr. 33 (Meer mit Schiffen). Aber eigentlich wollte Jacoba uns die Freiheit der Betrachtung lassen. Denn ein Titel beeinflusst uns in unserem Sehen!

Betrachtet doch das nächste Bild erst einmal, ohne den Titel zu lesen. Was passiert in diesem Bild?

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Jacoba van Heemskerck
Bild Nr. 46 (Rochen), 1916
Öl auf Leinwand
95,5 x 72,5 cm
Kunstmuseum Den Haag
Foto © Kunstmuseum Den Haag

Bei einem Aufenthalt in Berlin 1916 besuchte Jacoba das dortige Aquarium, fertigte Zeichnungen an, nach denen dieses Gemälde und einige Holzschnitte entstanden. Was entdeckt ihr? Vielleicht den Rochen, auf den sie im Untertitel hinweist? Vielleicht das im Dunkel des Meeres verborgene bunte Universum? Ins Zentrum des Bildes hat Jacoba einen grünlich leuchtenden Rochen gesetzt. Mit seinen roten Augen bahnt er sich einen Weg durch das Schwarz, angedeutet durch das blau schimmernde Licht vor und hinter ihm. Er schwimmt an andersartigen Meerestieren vorbei, die in ihrer Abstraktion undefinierbar bleiben. Oder entdeckt ihr, wie manche Kunsthistoriker*innen, sogar Jacoba selbst im Porträt? Jacoba, die zu den Geheimnissen des Lebens vordringen möchte? Ihr merkt, es gibt viele Sichtweisen und alle haben ihre Berechtigung!

Wie würdest du dich als Tier oder als Pflanze porträtieren? Probiere es doch einmal aus!  

Jacoba hatte 1912 den Galeristen und Verleger Herwarth Walden und dessen Frau Nell kennengelernt, die in Berlin die Sturm-Galerie und den Sturm-Verlag führten.
Fortan verband die drei eine intensive Freundschaft und Jacoba fühlte sich ihren deutschen Freunden sehr verbunden. Daher reiste sie oft nach Berlin und war bei den Ausstellungen, die Herwarth Walden organisierte, sehr oft vertreten. Sie schrieben sich viele Briefe und Postkarten, von denen fast 300 erhalten sind. Solche Schriftstücke sind für uns heute ein wichtiges Zeugnis, um über die Zeit, die Gedanken und die Aktivitäten der Künstler*innen mehr zu erfahren. Aufbewahrt werden sie in der Staatsbibliothek Berlin und einige davon könnt ihr nun bei uns in einer Ausstellungsvitrine lesen. Jacoba schrieb ihre Briefe und Karten auf Deutsch!

Ein wichtiger Impuls für ihre Auffassung von Formen war Jacobas Leidenschaft für das Zeichnen und die Druckgrafik. Seit 1901 hatte sie privaten Zeichenunterricht genommen und dort lernte sie auch die Druckgrafik kennen. Besonders gern arbeitete sie mit dem Holzschnitt.

2020J0308
Jacoba van Heemskerck
Komposition (Baum), 1915
Holzschnitt auf Japanpapier
37,9 x 30.3 cm (Blatt)
Kunstmuseum Den Haag
Foto © Kunstmuseum Den Haag

2020J0279
Jacoba van Heemskerck
Komposition 9 Nr. 18 (Boote)
Holzschnitt auf Papier
35,2 x 47,8 cm (Blatt)
Kunstmuseum Den Haag
Foto © Kunstmuseum Den Haag

So wie sie ihren Gemälden keine Titel gab, sondern sie als Bilder nummerierte, bezeichnete sie ihre Holzschnitte und Zeichnungen als Komposition. Das lag in ihrer Auffassung, die Farben und Formen harmonisch im Bildraum zusammenzustellen, begründet. Es unterstützte ihre Ansicht, dass nicht das Motiv alleine wichtig ist, sondern dessen Bedeutung für die Betrachter*innen und das Zusammenspiel. Das wird bei den Booten sicher besonders deutlich. Ihre Holzschnitte waren übrigens in den Jahren von 1914 – 1923 sehr oft auf den Titelseiten der Kunstzeitschrift „Der Sturm“ abgedruckt, so dass Jacoba nicht nur über Ausstellungen, sondern auch auf diesem Weg international bekannt wurde.

Styrenedruck

Der Holzschnitt ist eine Technik, die die niederländische Künstlerin häufig einsetzt, um landschaftliche Motive darzustellen. Zu Beginn geometrisch vereinfacht, mit klaren, eckigen Flächen, entwickelt sie hier um 1918 schwingende Formen.
Statt der Technik des Holzschnittes nutzen wir die des Styrenedruckes. Das ist eine sehr einfach durchzuführende Technik.
Der Styrenedruck ist ein in
Japan entwickeltes Verfahren des Hochdrucks. Wie beim Holzschnitt werden die hoch stehenden, unbearbeiteten Flächen farbig gedruckt.
Die recht kostengünstigen Styreneplatten sind im Kreativhandel erhältlich und lassen sich kinderleicht bearbeiten.

Du brauchst

-       Zeichenpapiere
-       evtl. Transparentpapier
-       Bleistift
-       Styreneplatte (Styroporplatte)
-       Farbwalze
-       Linol – Druckfarbe
-       Kunststoff-/Glasplatte zum Auswalzen der Farbe 

Das Motiv ritzt du einfach mit einem nicht zu spitzen Bleistift in die Styreneplatte. Beachte, das von dir eingeritzte Motiv wird im Druck gespiegelt dargestellt.
Möchtest du das vermeiden, zeichne dein Motiv auf Transparentpapier vor. Drehe dieses anschließend um und übertrage das auf der Rückseite durchscheinende, gespiegelte Motiv auf die Styreneplatte.
Mit dem Bleistift ritzt du die Konturen
des Motivs in die Styreneplatte. Diese Rillen bleiben später beim Aufwalzen der Farbe farbfrei und lassen beim Druck das Papier durchscheinen.
Hast du das Motiv vollständig in deine Styreneplatte geritzt, bereite deinen Platz für das Drucken vor. Es ist sicher sinnvoll, den Arbeitstisch abzudecken und ihn so vor der Druckfarbe zu schützen.
Lege die Platte zum Auswalzen der Farbe bereit. Mit der Farbwalze walze darauf eine kleine Menge der Linol – Druckfarbe aus. Diese Farbe übertrage dann mit der Walze gleichmäßig auf die Styreneplatte.
Alle nicht bearbeiteten, hochstehenden Flächen müssen von der Farbe bedeckt sein und werden später abgedruckt. Daher stammt der Begriff „Hochdruck“.
Nun legst du die Styreneplatte möglichst mittig mit der eingefärbten Seite auf ein Zeichenpapier. Presse die Platte auf das Papier. Drehe alles vorsichtig um und streiche mit der Handfläche über das Papier. Solltest du noch eine zweite, saubere Walze haben, kannst du auch mit dieser über das Papier rollen und Druck ausüben. Die aufgewalzte Farbe gelangt so auf das Papier.
Nutzt du weißes Papier, erscheinen die eingeritzten Linien beim Druck weiß. Dieser Druck wird deshalb auch „Weißliniendruck“ genannt.
Nach einigen Abzügen verliert der Druck an Schärfe. Die Anzahl der Drucke ist beim Styrenedruck begrenzt.

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Abschließend solltest du die entstandenen Drucke noch nummerieren und signieren.
Der Abzug ist das einzelne, durch den Druckprozess entstehende Blatt. Die Gesamtzahl der Abzüge nennt man Auflage. Die Höhe der Auflage bestimmt der Künstler, also in diesem Fall, du. Der Baum, den du auf der letzten Abbildung siehst ist mein erster Abzug. Da ich die Styreneplatte dreimal abgedruckt habe, ist dieses der erste von drei Drucken, also 1/3.
Die handgeschriebene Unterschrift unter dem Druck zeigt, dass es sich um ein Original handelt. Für diese Signatur wird meist ein Bleistift genutzt.

Jvh-Illu2-Vera-BrueggemannErinnert ihr euch an Jacobas Interesse für das Licht? In allen Arbeiten verfolgte sie die Idee, die Farbe zum Leuchten zu bringen und ihr Transparenz zu verleihen. Sie bezog die Wirkung von Licht und Farbe auf uns Betrachter*innen mit ein. Dazu stellte sie sogar Untersuchungen an.
Und dann begann Jacoba ab 1919 Glasarbeiten zu gestalten! Farbige Glasfenster habt ihr sicher schon einmal in einer Kirche gesehen. Vielleicht habt ihr erlebt, wie wunderbar die Farben leuchten, wenn die Sonne hindurch scheint. Manche Künstler*innen haben ihre Fenster genau so konzipiert, dass der Lichteinfall sie während der Zeit des Gottesdienstes erstrahlen lässt.
Bei Jacoba ein wirklich logischer Schritt, mit Glas zu arbeiten, was meint ihr? Mit diesem Material konnte sie ihr Ziel, leuchtende Farben zu schaffen, endlich umsetzen. Ihren Motiven bleibt sie treu. Fast abstrakt gehen die Motive jetzt in dem transparenten Formen- und Farbenspiel auf. Die Bleiruten, das sind die Verbindungen, die die einzelnen Glasteile zusammenhalten bilden gleichzeitig die Umriss- und Kompositionslinien und erinnern so an die schwarzen Linien in ihren Gemälden. Ab 1920 bekam Jacoba schon Aufträge für Glasfenster und stattete private und öffentliche Gebäude in den Niederlanden mit ihrer Glaskunst aus (u.a. Villa der Familie Wulffraat in Wassenaar, das niederländische Gesundheitsamt und die Marinekaserne in Amsterdam).

17_11_20 KM Jacoba v Heemskerk
Jacoba van Heemskerck
Komposition nach Glasfensterentwurf Nr. 17, um 1920
Bleiglasfenster mit Glasmalerei
106 x 76,5 cm
Kunstmuseum Den Haag
Foto © Kunstmuseum Den Haag.

Ihr fragt euch sicher, wie so ein Glasfenster entsteht. Schaut euch einen der folgenden Filme an:

Glasfenster Technik: https://www.youtube.com/watch?v=1bLyNAi2yss  (3.46 min)  

Entstehung schnell: https://www.youtube.com/watch?v=ts4DCdpdpzQ  (4.10 min)

Später haben sich viele Künstler*innen parallel zu ihrer Malerei auch mit Glasmalerei beschäftigt. Hier könnt ihr die Glasfenster von Gerhard Richter im Kölner Dom sehen: https://www.derix.com/portfolio-items/richterfenster-koelner-dom/

Die meisten Künstler*innen entwerfen ein Glasfenster, überlassen dann aber die Herstellung den Handwerker*innen. Jacoba jedoch hatte sich einen Brennofen angeschafft, um erst einmal selber zu experimentieren und Erfahrungen zu sammeln. Das hat ihr viel Freude gemacht. Die großen Fenster konnte sie natürlich nicht in ihrem kleinen Ofen brennen. Diese Arbeiten übergab sie dann auch an Werkstätten der Glasmalerei.
Die kleinen Glasarbeiten waren dazu gedacht, sie ins Fenster zu hängen. Schaut einmal:

17_11_20 KM Jacoba v Heemskerk
Jacoba van Heemskerck
Komposition (Schmetterling), um 1920
Bleiglasfenster mit Glasmalerei
Durchmesser 29,2 cm
Kunstmuseum Den Haag
Foto © Kunstmuseum Den Haag

Jacoba van Heemskercks Ideen umgesetzt auf Papier – Idee 1

Natürlich kannst du dich von Jacobas Arbeiten auch zu Malereien auf Papier anregen lassen.
Vielleicht hast du in ihren Bildern ein Motiv gefunden, das dir besonders gefällt. Wie wäre zum Beispiel das Malen eines Schmetterlings?
Um auch in deinem Bild die Farbe ganz besonders zum Leuchten zu bringen, empfehle ich dir den Einsatz von Aquarellstiften/-kreiden.
 

Du brauchst

-       Aquarellpapier
-       Aquarellstifte
-       Pinsel
-       Gefäß mit Wasser
-       Tuch/Papiertuch 

Zeichne zuerst die Konturen des Motivs mit einem schwarzen Stift. Die entstandenen Flächen fülle anschließend mit den von dir gewählten Farben aus.

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Sicher liegt dein Bild nun schon mit recht leuchtenden Farben vor dir. Aber da geht noch mehr, denn du hast ja mit Aquarellstiften gearbeitet.

Tunke die Spitze deines Pinsels in Wasser und streiche damit über die einzelnen Farbflächen. Arbeite dich von Farbe zu Farbe über das Blatt. Wasch den Pinsel beim Farbwechsel gut aus, damit du die Farben nicht verunreinigst.

Sehr schnell wirst du die Veränderung sehen. Die Farbpigmente lösen sich auf, die Flächen wachsen zusammen. Die Farben gewinnen an Intensität, sie leuchten.

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Jacoba van Heemskercks Ideen umgesetzt auf Papier – Idee 2

Zum Leuchten bringst du Farben auch, wenn du sie auf schwarzes Papier setzt. Und du wirst sehen, deine Werke auf schwarzem Papier wirken fast wie die Glasfenster der Künstlerin. 

Du brauchst

-       schwarzes Tonpapier
-       Wachsmalkreiden

Du siehst auf den Fotos, ich bin dem Motiv des Schmetterlings treu geblieben. Und so verzichte ich bei dieser Arbeit auf eine Vorzeichnung und entwickle den Schmetterling nach und nach durch das Malen der einzelnen Farbflächen.
Die Farbflächen lasse ich nicht aneinander stoßen. Zwischen den einzelnen Flächen lasse ich stets eine Lücke von etwa vier Millimetern frei, so scheint das schwarze Tonpapier hindurch. Es bilden sich also schwarze Konturen. Sie haben Ähnlichkeit mit den Bleiruten in Jacobas Glasfenstern.

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Fläche für Fläche male ich aus. Nach und nach entwickelt sich so der Schmetterling.
Lass auch du dich treiben und male ohne Vorzeichnung. Schau dir dein Werk inzwischen immer wieder in Ruhe an und überlege, welche Fläche du als nächste gestalten willst. Überlege, ob ihre Form eckig oder rund sein soll. Oder welche Farbe sich wohl besonders gut eignen würde.

Wir sind gespannt auf deine Werke. Magst du uns Abbildungen davon zuschicken? 

Nun habt ihr hoffentlich einen Eindruck bekommen von Jacoba van Heemskercks vielfältigem Œuvre, so nennt man das Gesamtwerk von Künstler*innen. In unserer Ausstellung könnt ihr noch bis zum 5. September sechzig Werke aus all ihren Schaffensphasen sehen: Gemälde, Zeichnungen, Holzschnitte, Glasarbeiten und ein Mosaik.

Herzlich willkommen! Wir freuen uns auf euch!

Karola, Vera, Christiane und Matthias
Illustrationen: Vera Brüggemann