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Folge 2: Sonia Delaunay, Bal Bullier, 1913

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Hallo, da seid ihr ja wieder! Toll, kommt doch herein. Heute laden wir euch zum Tanzen ein! Ich weiß, was ihr jetzt denkt: Tanzen in der Kunsthalle? Da sollen wir doch langsam gehen und nicht rennen oder toben!

Aber manchmal und unter bestimmten Bedingungen darf man eben hier tanzen. Schaut euch das Video auf der Startseite der Kunsthalle ruhig einmal an. Hier ist ein Tänzer von den Bildern in der Ausstellung inspiriert worden, sich zu bewegen und zu tanzen.

Und wir schauen jetzt, ob wir Tanz, Musik, Rhythmen und Bewegung in einem Bild finden können. Aber zuerst setzt euch und schließt einmal die Augen. Denkt an eure Lieblingsmusik und versucht euch vorzustellen, wie ihr euch dazu bewegen würdet. Wie sieht das aus? Wie bewegt ihr die Arme, die Beine, den Kopf? Und nun stellt euch vor, ihr seht euch selber aus großer Entfernung dabei zu. Was seht ihr dann? Ja, ihr erkennt gar nicht mehr alle Einzelheiten, das Muster eurer Pullover oder eine Haarspange, sondern eigentlich eher Formen! So ähnlich hat es auch Sonia Delaunay empfunden, die im Jahr 1913 dieses Bild gemalt hat.

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Was entdeckt ihr in diesem Bild?

Als Sonia Delaunay dieses Bild, es heißt «Bal Bullier», gemalt hat, hatte sie schon eines mit demselben Titel geschaffen. Dieses Bild ist sehr viel größer und in ihm sind noch viele Figuren deutlich zu erkennen.

Die Künstlerin wollte alles in dem Bild zeigen: die Tänzerinnen und Tänzer, das funkelnde Licht, aber auch die Dinge, die man nicht sehen, aber hören und spüren kann. Die Musik, die Geräusche der Tanzbewegungen, das Gemurmel der Paare. All dieses wollte sie mit Farben ausdrücken, mit Farben, die sie so liebte.

Sonia Delaunay lässt den Betrachter ihres Bildes die Tanzszene ganz anders erleben, als es bis dahin in der Kunst üblich war. Kennt ihr Stopptanz ? Bestimmt – man bewegt sich zu Musik und muss so stehenbleiben wie man gerade steht, wenn die Musik ausgeschaltet wird. So haben die Maler bis dahin Tanzszenen gemalt. Die sehen zwar natürlich aus, aber doch wie eingefroren! Und findest du nicht auch, dass bei Sonia Delaunay die Farben wirklich zu tanzen scheinen?

Willst du auch einmal Farben tanzen lassen? Mit einem Kreisel ist das ganz einfach! Du benötigst dazu ein kreisrundes Stück Pappe (z.B. einen Bierdeckel), Wachsmalstifte, einen kurzen Bleistift und dann kann es losgehen.

 
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Die Pappe malst du frei nach deinen Vorstellungen an. Dazu kannst du, wie hier im Beispiel, Wachsmalstifte nutzen, möglich sind aber auch Wasser- oder Temperafarben. Zum Kreisen befestigst du in der Mitte der Pappscheibe z.B. einen kurzen Stift oder einen Holzdübel. Und schon können die Farben tanzen!

Sonia Delaunay muss eine sehr lebensfreudige, kreative Frau gewesen sein, immer voller Ideen. So malte sie nicht  nur Bilder, sondern sie gestaltete auch Bucheinbände, Lampenschirme, Kissenbezüge, Kleider, Bühnenbilder und Stoffe für Möbel und Vorhänge.Für sie waren all diese gestalteten Sachen ebenso Kunstwerke wie Skulpturen oder Gemälde. Es war ihr wichtig, Kunst überall in ihrem Leben zu haben. Und sie hat mit diesen Arbeiten das Geld für die Familie verdient.

Aber wie ist Sonia Delaunay dazu gekommen, so zu malen? Ihr hättet sie sicher gerne kennengelernt. Wollt ihr mehr über sie erfahren?

Sonia Delaunay lebte von 1885 – 1979 und stammte aus Russland. Mit 18 Jahren hat sie kurz in Deutschland gewohnt, sie nahm an der Kunstakademie Karlsruhe Mal- und Zeichenunterricht, bevor es sie, wie viele andere Künstler*innen, ins Zentrum der Kunst, nach Paris gezogen hat. In verschiedenen Ländern zu leben war übrigens für sie kein Problem, denn sie konnte mehrere Sprachen fließend sprechen. Beeindruckend, oder? In Paris war sie begeistert von der modernen Kunst und hat besonders die Bilder von Paul Gauguin, Vincent van Gogh und Henri Matisse genau studiert. Und die haben ihr sehr gut gefallen, denn Sonia liebte Farben so sehr. In diesen Bildern leuchten sie und drücken Gefühle oder Botschaften aus – und es ist überhaupt nicht mehr wichtig, dass nicht alle Dinge naturgetreu abgebildet sind. Ihr könnt euch im Internet von ihnen Bilder anschauen oder vielleicht habt ihr auch ein Buch über diese Künstler zuhause. Erinnert ihr euch an die «Russin» von Jawlensky? Die hat er zur gleichen Zeit gemalt – ihr merkt, da lag eine neue Kunst in der Luft. Auch Sonia inspirierten diese Künstler zu neuen Schritten in ihrer Malerei – sie entfernte sich von ihrer perspektivisch genauen naturalistischen Malerei und Zeichnung und malte jetzt bunte und flächige Porträts und Landschaften.

In Paris lernte Sonia ihren Mann Robert kennen, der auch Künstler war. Da haben sich zwei getroffen, die wirklich gut zueinander passten. Für die Beiden waren Farben und ihre Kunst ihr Leben. Gemeinsam erforschten sie, wie sich Farben aufeinander beziehen, wie sie mit anderen Farben in ihrer Nachbarschaft wirken. Also ein Rot z.B. neben einem Blau oder das gleiche Rot neben einem hellen Rosa. Das heißt Simultankontrast, was ein wenig widersprüchlich ist, weil die Farben alle miteinander gleichzeitig auf uns wirken. Die Farben wurden für das Künstlerpaar  immer wichtiger, wichtiger als die detailgetreuen Motive, die mehr und mehr verschwanden. Sie abstrahierten die Figuren und Gegenstände in ihren Bildern zu Formen. Deshalb spricht man auch von abstrakter Kunst, wenn wirklich keine Gegenstände mehr zu erkennen sind.

Beide, Sonia und Robert Delaunay, waren leidenschaftliche Tänzer. Jede Woche gingen sie in den Bal Bullier, so heißt das Tanzlokal in Paris, und tanzten die damals modernen Tänze Tango und Foxtrott.  Hört mal rein bei Youtube!

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Und hier hatte Sonia die Idee, den Tanz, die Bewegungen, die Musik, die Geräusche und die Atmosphäre zu malen. Die herumwirbelnden Figuren werden zu herumwirbelnden Farben und Formen. Der Dichter Guillaume Apollinaire, ein guter Freund der Delaunays, nannte diesen Malstil Orphismus, nach dem Sänger Orpheus – und schon war ein neuer Stil geboren und ist bis heute so geblieben!

Darstellen von Musik, Bewegung, das solltest du unbedingt einmal ausprobieren! Suche dazu  nach einer Musik, die dir gefällt. Nun brauchst du noch einen Bleistift und ein möglichst großes Blatt Papier. Lass dich von den Klängen der Musik mitreißen, lass den Stift im Rhythmus der Musik auf dem Papier tanzen. Die Linien werden sich überschneiden und es entstehen große und kleine Flächen. Diese gestalte mit Wachsmalstiften,  Wasser- oder Temperafarben farbig aus. Überlege dir, welche Farben am besten zu deiner Musik und den entstandenen Formen passen. Welche Farbe ist leise, welche laut? Welche Farbe entspricht hellen, hohen Tönen, welche eher tiefen, dunklen

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Sonia Delaunay hat für sich und Robert sogar besondere Kleidung für den Tanz genäht. Ihr Kleid, ihr Simultankleid bestand aus vielen Stoffstücken ganz unterschiedlicher Materialien und passte sich in Farben und Formen genau ihrem Körper und ihren Tanzbewegungen an. Auch das ist wieder ein Beispiel dafür, dass für Sonia Delaunay die Kunst überall in ihrem Leben gegenwärtig war, dazu gehörte. Und Robert? Der trug gelb-schwarze Schuhe, rote Socken, eine schwarze Hose, eine grüne Jacke mit einer azurblauen Weste und eine rote Krawatte, darüber einen roten Mantel mit einem blauen Kragen – verrückt, oder? Malt ihn doch einmal in diesem Aufzug!

Lange hatte Sonia dann gar keine Zeit, um zu malen, weil ihre Arbeit sie so sehr in Anspruch nahm. Aber nach schweren Zeiten und dem Tod ihres Mannes Robert im Jahr 1941 hat sie noch viele neue sehr große Bilder geschaffen, die heute auf der ganzen Welt in den großen Museen ausgestellt sind.

Tja, wären wir früher geboren worden, hätten wir Sonia Delaunay hier in Bielefeld treffen können. Denn hier hatte sie ihre erste große Ausstellung außerhalb von Frankreich und anlässlich der Eröffnung der Kunsthalle 1968 war sie ebenfalls hier! Aber wir haben ja ihre Bilder!

Wenn ihr ihre frühen und späteren Bilder und auch das Kleid einmal anschauen möchtet, werft doch mal einen Blick in diese Ausstellung, die im Jahr 2015 im Musée d’Art Moderne de Paris stattgefunden hat.

Einen Buchtipp haben wir auch noch für euch: In diesem Bilderbuch erklärt Sonia Delaunay ihrem Sohn Charles ihre Welt der Farben. Das ist bestimmt auch für euch interessant:
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Cara Manes und Fatinha Ramos, Sonia Delaunay und ihre Farben, New York 2017; Copyright © 2017 The Museum of Modern Art, New York

Nun hast du so viele Bilder der Künstlerin gesehen. Bei vielen hat man das Gefühl, man sähe durch ein Kaleidoskop. Ganz häufig nutzte Sonia Delaunay Kreisformen und andere in einander verschachtelte geometrische Formen. Auch Buchstaben tauchen in ihren neuen Arbeiten auf.

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Du siehst, es gibt eine Fülle von Ideen, lass dich von Sonia zu weiteren eigenen Kunstwerken inspirieren! Und vielleicht hast du ja die Möglichkeit, eines deiner Werke in Stoff umzusetzen. Eine scharfe Schere, farbige Stoffe, Klebstoff und schon kann es losgehen! Viel Erfolg!

Und schickt uns gerne ein Foto von euren Arbeiten! Bis bald – Karola, Christiane und Matthias

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Bildung und Vermittlung
T 0521-329995019; lutterkort@kunsthalle-bielefeld.de (Christiane Lutterkort)
T 0521-329995010; albrecht@kunsthalle-bielefeld.de (Matthias Albrecht)

Abbildungen: Sonia Delaunay, Bal Bullier, 1913, Öl auf Leinwand, 97 x 132 cm, Kunsthalle Bielefeld; Foto: Philipp Ottendörfer, © Kunsthalle Bielefeld

Zeichnungen: Vera Brüggemann, 2020, © Vera Brüggemann

Arbeitsanregungen inkl. Fotos und Film “Kreisel”: Karola Eisenblätter

Buchcover: © 2017, The Museum of Modern Art, New York