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Folge 3: Edvard Munch, Dorfstraße in Kragerø, 1911-1913

Hurra! Heute verreisen wir! Das geht doch gerade gar nicht, denkt ihr jetzt sicher! Aber hier in der Kunsthalle ist das ebenso möglich wie in den Erzählungen von Astrid Lindgren und bei ihrer Lotta: im Geheimen, in unserer Fantasie!
Und wohin geht unsere Reise? Nach Norwegen! Das Königreich in Skandinavien ist ein sehr langes schmales Land, das auf der einen Seite eine mehr als 2.500 km lange Nordseeküste und auf der anderen Seite Grenzen zu Schweden, Finnland und Russland hat. In diesem großen langen Land leben aber nur so viele Menschen wie bei uns in Berlin und Hamburg zusammen, 5,368 Millionen! Die meisten von ihnen wohnen in den Städten: in Oslo, der Hauptstadt, oder in Bergen, Trondheim, Stavanger oder Kristianstad. Da könnt ihr euch sicher vorstellen, dass es in anderen Teilen des Landes sehr einsam ist. Manchmal muss man länger als zwei Stunden zum nächsten Supermarkt fahren oder wenn man sich mit den Freunden treffen möchte. Auch gibt es in einem Land, das sich über so viele Kilometer hinstreckt, enorme Unterschiede beim Wetter zwischen dem Norden und dem Süden. Wenn im Mai im Süden wie bei uns die Bäume blühen, liegt im Norden noch Schnee. Auch die Sommer sind dort oben recht kühl und das Meer ist – brrr – ziemlich kalt! Ganz anders als im Süden, wo das Wetter so ähnlich ist wie bei uns!

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Schaut euch das Land auf der Landkarte oder einem Globus doch einmal an und dann könnt ihr im Süden an der Küste gleich den kleinen Ort Kragerø suchen. Vielleicht schaut ihr euch auch Bilder im Internet dazu an. Dahin reisen wir nämlich! Bei den Norweger*innen ist Kragerø übrigens heute ein sehr beliebtes Ausflugsziel!
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Hier auf dem Gemälde, das der norwegische Künstler Edvard Munch gemalt hat, seht ihr Kragerø vor über hundert Jahren. Der Künstler lebte von 1863 – 1944.

Stellt euch vor, ihr könntet in das Bild hineinschlüpfen. Was entdeckt ihr, wenn ihr euch umschaut? Was könnt ihr hören? Wie riecht es dort? Wie schmeckt die Luft? Versetzt euch auch einmal in die Lage des Jungen am linken Rand: Was mag er denken und fühlen?

Bestimmt habt ihr kreischende Möwen gehört und die Seeluft gerochen. Vielleicht habt ihr auch die Kinder gehört, die sich lustig zurufen, wer den Ball werfen soll. Vielleicht habt ihr euch über die Kleidung der Mädchen gewundert: Die ist ganz typisch für diese Zeit, denn die Mädchen, die in einem Dorf leben, haben nur wenige Kleider und tragen darüber Schürzen, die den Stoff schonen und leichter gewaschen werden können. Da ist schönstes Frühlingswetter und die Kinder spielen auf einer sonnenbeschienenen Straße. Auch die Granitfelsen, die ganz typisch sind für Norwegen, an der Seite und die, auf denen die Häuser im Hintergrund stehen, schimmern silbrig im Sonnenlicht. Siehst du, wie sie unten im Schatten mit Moos bewachsen sind? Obwohl Edvard Munch das Dorf gar nicht natürlich abbildet, können wir auch solche Details entdecken.
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Munch setzte in diesem Gemälde besonders viele helle Pastellfarben ein. Versuche doch einmal, dieses Bild in einer anderen Jahreszeit darzustellen. Wie sähe die Dorfstraße wohl im Winter aus? Für welche Farben würdest du dich da entscheiden?
Diese Umrisszeichnung hilft dir vielleicht als Grundlage für dein Werk.

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Das Gemälde „Dorfstraße in Kragerø“ ist ein Beispiel dafür, dass Edvard Munch die Motive seiner Bilder in seiner direkten Umgebung fand. Dabei strebte er kein Abbild dieser Orte an, sondern versuchte durch Vereinfachung von Linien und Formen das Wesentliche herauszustellen und zu betonen. Auch die Farben setzte er gezielt zur Steigerung des Ausdrucks ein.
Vielleicht gibt es in deiner nahen Umgebung, im Garten oder in der Wohnung einen Platz, der dir besonders wichtig ist und den du malen möchtest.
Bei der Suche des geeigneten Motivs könnte dir ein Rahmen helfen. Durch ihn siehst du immer nur einen Teil deiner Umgebung, das erleichtert die Suche.
Also schneide dir einen kleinen Rahmen oder – nutze einfach deine Hand!

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Wähle so gezielt einen Ausschnitt als Motiv für dein Bild.
Dann erinnere dich noch einmal daran, wie Edvard Munch gemalt hat und los geht`s!

Der Künstler Edvard Munch ist bis 1909 übrigens sehr viel gereist: nach Dänemark und Schweden, nach Deutschland, in die Niederlande und die Schweiz, nach Italien und natürlich immer wieder nach Frankreich. Dass Paris so wichtig für alle Künstler war, wisst ihr ja schon. Edvard Munch hat immer mehrere Monate im Ausland gelebt, gearbeitet und ausgestellt. Aber dann kehrte er nach Norwegen zurück, kaufte sich bei Kragerø ein Haus und richtete sich ein Freiluftatelier ein. Er malte also draußen. Teilweise ließ er die Bilder auch einfach dort stehen und war begeistert, wenn der Regen, der Schnee oder auch die Sonne das Bild veränderten. Manchmal verliefen die Farben und die Leinwand riss auf. Aber er selbst hat z.B. auch die Leinwand mit einem Malermesser oder dem Pinselstiel bearbeitet, die Farben, die er immer in vielen Schichten aufgetragen hat, aufgekratzt und so nicht nur die wilde Landschaft, sondern auch die eigenen wilden Gefühle ausgedrückt. Denn Wind und Wetter waren für Edvard Munch auch ein Bild für die Gefühle und Stimmungen, die er in seinen Bildern zeigen wollte. Einen sehr starken Sturm könnt ihr euch sicher gut vorstellen, wenn ihr sehr aufgeregt seid. Oder peitschenden Regen. Und brausende Wellen. Oder aber eine blühende Sommerwiese am Morgen, wenn ihr euch noch einmal wohlig im Bett ausstreckt und euch auf das Frühstück und den Tag freut.
Mit dieser neuen Idee beeinflusste Munch viele Maler*innen in seiner Zeit. Gemeinsam mit Paul Cezanne, Vincent van Goh und Paul Gauguin zählt er deshalb heute zu den Vätern der Moderne. Ein tolles Väter-Quartett!

Schau dir Bilder von diesen Künstlern an. Was meinst du, was an ihren Bildern das ganz Neue, das Moderne war?
Als diese Bilder Munchs zum ersten Mal ausgestellt wurden, haben die Leute diese Bilder beschimpft und sogar angespuckt! Auch für eine kleine Ausstellung 1907 hier in Bielefeld haben sich nur wenige Leute interessiert. Aber nach und nach haben immer mehr Maler*innen auch so gemalt und einen neuen Weg gefunden, Gefühle in den Bildern unmittelbar auszudrücken.
Bei Edvard Munch waren es überwiegend traurige Gefühle. Als er erst fünf Jahre alt war, ist seine Mutter gestorben und später auch seine Schwester. Die Angst vor Krankheit und Tod bestimmten lange sein Leben. Aber als er die Dorfstraße in Kragerø gemalt hat, fühlte er sich sehr wohl und war glücklich, wieder in Norwegen zu leben. Und das spüren wir doch auch in diesem Bild.

Unsere besondere Zeit im Moment mit der Covid-19-Pandemie hätte Munch sicher auch irgendwie in seine Arbeiten aufgenommen. Die erste Pandemie des 20. Jahrhunderts war die Spanische Grippe. Von 1918 bis 1920 breitete sie sich über die ganze Welt aus. Auch Edvard Munch gehörte zu den Infizierten. So entstand 1919 das Gemälde „Selbstportrait nach Spanischer Grippe“. Das Selbstporträt ist eines von über einhundert sehr persönlichen, intimen Werken. In dieser Fülle entsprechen sie fast einem gemalten Tagebuch. Der Öffentlichkeit präsentierte der Künstler diese Gemälde, Zeichnungen und Drucke übrigens kaum.

Eine Ausstellung in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt befasste sich 2012 mit Munchs Selbstporträts, auch das Gemälde „Selbstportrait nach Spanischer Grippe“ war dabei.

Hast du schon einmal ein Selbstporträt gemalt?
Schließ die Augen und versuche, dir dein Gesicht genau vorzustellen. Was ist besonders? Was würdest du gern hervorheben?
Schau dir noch einmal einige von Munchs Selbstporträts an. Er hat keinen Wert auf Einzelheiten gelegt, zuweilen zerfließen die Farben auf der Leinwand und lassen nur noch Spuren seines Gesichts, des Raumes oder der Landschaft erkennen. Ach ja, du musst dich nicht nur auf dein Gesicht oder deinen Körper beschränken, vielleicht sind für dich der Raum, in dem du dich befindest oder die Straße auch wichtig.
In diesen Tagen sind dein Mund und deine Nase zuweilen durch eine Maske verdeckt. Auch sie kann Teil deines Selbstporträts werden.
Bei deinen Vorbereitungen hilft dir vielleicht ein Spiegel.
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Wähle die Technik, die Farben, die deiner momentanen Stimmung entsprechen. Lege alle notwendigen Materialien bereit! Na, dann los, viel Erfolg!

Edvard Munch führte seine Selbstporträts in den verschiedensten Techniken aus, Öl- und Aquarellmalerei, Lithografie oder Holzschnitt. Und er nutzte auch die moderne Technik der Fotografie. So entstanden Selfies, Fotografien in der Art eines Selbstporträts, oft auf Armeslänge aus der eigenen Hand aufgenommen. Beispiele kannst du dir auf der Seite der Schirn anschauen.

Vielleicht ist dir diese Form des Selbstporträts, das Selfie, am vertrautesten. Dann beginne doch damit. Überlege, wie du dich darstellen willst. Deine Kleidung, deine Mimik, die Umgebung, all das solltest du bewusst überlegen und einsetzen.
Edvard Munch hat übrigens häufig in Serie gearbeitet, meist zeigt er sich im Profil. Zuweilen wurden diese Fotografien dann umgesetzt in Zeichnungen, denn den Künstler interessierte die Frage, welche Technik besser geeignet ist zur Darstellung einer Person. Was meinst du?

Wenn ihr euch intensiver mit dem Künstler Edvard Munch beschäftigen möchtet, hier ein Buchtipp:

Buchcover Munch

«Edvard Munch für Kinder» von Hartwig Dingfelder; Illustrationen Tidian Camara, Köln 2011

Schickt uns gerne ein Foto von euren Arbeiten! Darauf freuen wir uns sehr. Bis bald – Karola, Christiane und Matthias
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Bildung und Vermittlung
T 0521-329995019; lutterkort@kunsthalle-bielefeld.de (Christiane Lutterkort)
T 0521-329995010; albrecht@kunsthalle-bielefeld.de (Matthias Albrecht)

Abbildungen:Edvard Munch (1863 – 1944), Dorfstraße in Kragerø, 1911 – 1913, Öl auf Leinwand, 80 x 100 cm, Dauerleihgabe der STAFF STIFTUNG, Lemgo
Foto: Bernd Brinkmann
Zeichnungen: Vera Brüggemann, 2020, © Vera Brüggemann
Arbeitsanregungen: Karola Eisenblätter
Buchcover: © 2011, Kunsthalle Bremen und DUMONT Buchverlag, Köln