Folge 7: Antonius Höckelmann als Maler
Heute geht es um die Malerei des Künstlers Antonius Höckelmann. In unserer aktuellen Ausstellung könnt ihr zahlreiche Gemälde betrachten und werdet erstaunt sein, wie groß, bunt und wild sie sind! Wir haben für euch diese Arbeit ausgewählt, mit der wir uns intensiver beschäftigen wollen:
Großer Sulky, 1991
Tusche, Wachsmalkreiden, wasservermalt, auf Depafit
100 x 140 cm
Sammlung Elke und Werner Zimmer, Düsseldorf
© VG Bild-Kunst, Bonn 2020
Sicher ist es dir schon aufgefallen: Antonius Höckelmanns großformatige, farbige Bilder kennen keine leeren Flächen. Mit heftigen Pinsel- oder Kreidestrichen formt der Künstler Pferde, Gesichter, Blumen und füllt damit seine Papiere oder Leinwände. Hier in seiner Arbeit „Großer Sulky“ gelingt es ihm, mit dynamischen, sehr rasch gesetzten Pinsel- und Kreidestrichen die Bewegung, das Tempo darzustellen.
Schau dir das Bild einmal genau an. Ein Rennen auf einer Trabrennbahn, die sich drehenden Räder, die wehende Mähne des Pferdes und du mittendrin.
Schließe einmal deine Augen. Was siehst du jetzt? Was hörst du? Was riechst du? Was schmeckst du?
Spürst du, dass Antonius Höckelmann dich ins Geschehen zieht? Ihm kommt es nicht auf eine realistische Darstellung an, weder beim Einsatz der Farben, noch bei der Darstellung des Pferdes oder des Sulkyfahrers. Er lässt uns die Atmosphäre eines solchen Pferderennens spüren, erleben.
Als Zeichner (Folge 4) und Bildhauer (Folge 5) habt ihr Antonius Höckelmann schon kennen gelernt. Ihr könnt sicher gut nachvollziehen, dass der Künstler nach seinen Tuschezeichnungen neugierig wurde und Lust hatte, bunt und mit anderen Materialien zu arbeiten.
Er wählte Farben, die auch ihr zur Verfügung habt: Wasserfarben und Wachsmalkreiden. Natürlich blieb er auch beim Bleistift und der schwarzen Tusche. Hinzu kamen bisweilen Pastellkreiden und Kohle. Diese kann man verwischen und so besondere Effekte erzielen. Weiterhin malte Höckelmann einige Gemälde mit Acrylfarben. Wenn ihr die Gelegenheit habt, die Ausstellung zu besuchen, versucht doch einmal, die unterschiedlichen Materialien zu entdecken, ohne die Beschilderung zu lesen.
Den „Großen Sulky“ hat Höckelmann mit Tusche und wasserlöslicher Wachskreide gemalt. Damit gelingen fließende Übergänge und die Farben leuchten intensiv.
Könnt ihr Dinge oder Personen in dem Gemälde entdecken? Schaut genau hin und verfolgt die Linienstrukturen, dann stoßt ihr sicher am linken mittleren Bildrand auf den Jockey, der mit seiner weißen Hose und einer blauen Jacke auf seinem kleinen Sitz auf dem Sulky sitzt. Und am rechten oberen Bildrand könnt ihr den Kopf eines Pferdes entdecken, dessen Körper sich hinter den Rädern an verschiedenen Stellen andeutet. Vorn rechts unten entdeckt ihr jetzt sicher ein Bein mit den typischen Hufen und die Hufe im Galopp. Unten links könnt ihr ein weiteres Bein erahnen und der Körper des Pferdes blitzt hinter den Rädern auf. Höckelmann hat das Pferd in Rot und Schwarz gearbeitet, so dass wir es an diesen Farben erkennen können, die sich von den anderen absetzen. Gelb und Blau nutzte der Künstler für den Hintergrund. Erinnert ihr euch an den Farbkreis und die Komplementärkontraste (Folge 1)? Dann wisst ihr, dass sich diese Farben gegenseitig zum Leuchten bringen und in ihrer Wirkung verstärken. Die Mischfarbe Grün setzte Höckelmann in die Nähe des Pferdes, denn das ist die Komplementärfarbe zu Rot! Und Schwarz lässt alle Farben leuchten! Ihr merkt, bei dem Bild, das auf den ersten Blick schnell und vielleicht spontan gemalt wirkt, setzte Höckelmann die Farben ganz bewusst ein. Auf eine realistische Darstellung der Szene kam es ihm nicht an!
Vor allem wollte der Künstler die Geschwindigkeit, das Rasante und Spannende eines Pferderennens einfangen. Ist es ihm gelungen? Und ob! Die wirbelnden und geschwungenen Linien vermitteln uns doch das Drehen der Räder und lassen Pferd und Jockey geradezu an uns vorbeifliegen. Dass Höckelmann sechs Räder gut erkennbar und weitere angedeutet darstellt, unterstützt diesen Eindruck von sich schnell drehenden Rädern, die nur so dahinsausen. Ein Sulky hat nämlich nur zwei Räder! Die Linien im Hintergrund vermitteln ebenfalls Bewegung: Helle und dunkle Linien ziehen sich über die gesamte Fläche. Sie scheinen ineinander zu fließen oder sich miteinander zu verbinden, und dass sie schnell und energisch aufgetragen wurden, spüren und sehen wir auch. So haben wir das Gefühl, wir stehen an der Pferderennbahn und der Sulky rast an uns vorbei. Nur wenige Sekunden lang ist die gesamte Szene in unserem Blickfeld.
Die Wirkung in seinen Bildern lässt Höckelmann entstehen aus einem dichten Liniengeflecht, das sich über die gesamte Bildfläche erstreckt. Da verbinden, überschneiden und überdecken sich Linien von Wachskreiden und schwarzer Tusche. Während die schwarzen Linien zumeist eine Kontur bilden und die einzelnen Formen durch diese betont und herausgearbeitet werden, dienen die weißen Spuren dazu, Dynamik, Leben und auch Raum zu schaffen.
Wenn du das Bild genau anschaust, erkennst du, der Künstler hat immer wieder Farbflächen übermalt, Formen durch erneuten Auftrag mit Wachskreiden betont.
Nutze für deine nächste Arbeit ein großformatiges, stärkeres Papier. Antonius Höckelmann hat diese Arbeit auf einer Depafit-Platte gemalt. Das ist eine billige Schaumstoffplatte, die mit einem weißen Kartonpapier überzogen ist. Ihr könnt natürlich auch andere Malgründe nutzen – Pappen oder Packpapier eignen sich auch.
Beginne anfangs mit schwarzer Tusche, nutze dann deine Wachsmalkreiden, zuerst vermehrt hellere, dann dunklere Farbtöne. Arbeite wie Höckelmann sehr zügig, lass auf deinem Blatt ein Liniengeflecht entstehen, aus dem sich zunehmend dein Bildmotiv entwickelt. Wasserlösliche Wachsmalkreiden, wie Höckelmann sie nutzte, kannst du so verwenden wie klassische Stifte, sie lassen sich aber auch mit einem feuchten Wattepad oder einem Pinsel verwischen. So lassen sich Flächen immer wieder bearbeiten, Farben übereinandersetzen und in ihrer Leuchtkraft verstärken.
Nachdem die Familie Höckelmann von Berlin nach Köln gezogen war, entdeckte der Künstler seine Leidenschaft für Pferderennen. Die Rennbahn zog ihn magisch an, natürlich immer mit Zeichenblock und Stiften im Gepäck. Die ersten schnellen Skizzen und Eindrücke verarbeitete er im Atelier in seinen Gemälden. Das waren überwiegend großformatige und sogar wandfüllende Bilder. Die gesamte Bildfläche ist bemalt.
In den 1980er-Jahren haben viele Maler wieder angefangen figürlich und mit ausdrucksstarken Farben zu malen. Das war vorher gar nicht modern. Aber nun hatten sie Freude und Interesse daran, aktuelle Themen der Zeit in bunten Farben auf großformatigen Leinwänden zu gestalten. Von daher ist Höckelmann „ein Kind seiner Zeit“. Wenn du mehr über diese Zeit und ihre Künstler*innen wissen möchtest und dich intensiver mit den „Neuen Wilden“, so nannte man diese Bewegung, beschäftigen möchtest, schau in der kommenden Woche in den Teens-Club!
Aber jetzt erst einmal zu eurer eigenen Arbeit!
Überlege dir nun ein Thema für dein Bild. Gibt es etwas, dass dich so in den Bann zieht, wie es Höckelmann mit dem Pferderennen geht? Vielleicht fällt dir auch ein Thema ein, bei dem du versuchen kannst, Bewegung, Schnelligkeit darzustellen, einen kurzen Moment, bevor er verfliegt: Start beim Autorennen, Wettrennen auf dem Sportplatz, Tanz, Sturm am Meer, ein Vogelschwarm …
Decke deinen Arbeitsplatz großflächig ab. Nimm (wasserlösliche) Wachsmalkreiden – Höckelmann nutzt hier hauptsächlich die Grundfarben (Rot, Blau, Gelb) und Schwarz und Weiß – und ein großes, etwas stärkeres Papier. Es soll ja ein kraftvolles, wildes Bild werden, bei dem die Linien nur so übers Blatt wirbeln.
Ja, und so solltest du jetzt an dein Werk gehen! Am besten stellst du dich an deinen Arbeitsplatz, dein Arm hat so mehr Bewegungsfreiheit. Auch gelingt es dir stehend, schwungvoller und kräftiger zu malen.
Geh immer wieder mit den Stiften in dein Bild, die Wachsmalkreiden ermöglichen es dir, Stellen wieder zu überdecken oder z. B. durch Weiß aufzuhellen. Schau dir dein Werk inzwischen auch mal aus der Entfernung an. Vielleicht entdeckst du so Stellen, die sich besonders zum Verwischen eignen würden.
Dir ist bei Höckelmanns Arbeiten sicher schon sein stets großer Namenszug aufgefallen. Auch du solltest dein Werk unbedingt signieren, dein Name sollte schon deutlich zu erkennen sein.
Wir freuen uns, wenn du uns ein Foto deines Werks schickst.
Bis zum nächsten Mal!
Christiane
Matthias
Bildung und Vermittlung
T 0521-329995019 (Christiane Lutterkort)
T 0521-329995010 (Matthias Albrecht)
Zeichnungen: Vera Brüggemann, 2020, © Vera Brüggemann