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Folge 9: August Macke

„Nun merke ich immer mehr, welche wundervollen Möglichkeiten einem die Kunst bietet.“
August Macke in einem Brief an Bernhard Köhler am 30. März 1913

Das wünschen wir uns auch für euch! Willkommen zurück im Kindermuseum! Ihr hattet hoffentlich herrliche Sommerferientage und einen guten Start im neuen Schuljahr.

Sicher hast du nach den langen Sommerferien viele Bilder im Kopf, die dich an schöne Momente dieser Zeit erinnern. Versuche eines dieser Bilder in Farben umzusetzen. Vielleicht auch in solch kräftige, klare Farben wie August Macke, der Künstler, mit dem wir uns heute beschäftigen werden. Einen “Gesang von der Schönheit der Dinge”, nannte der Maler selbst seine Kunst, in der er die Farbigkeit und Fröhlichkeit der Welt betont. Dieses gelingt ihm mit einfachen Farbflächen und seinen kräftigen, klaren Farben. Mal setzt er die Farben gegeneinander, mal lässt er sie ineinanderfließen. Im Mittelpunkt seiner Bilder stehen Menschen, still, oft gesichtslos, verschmolzen mit der jeweiligen Umgebung, mit der Stadt oder der Natur.

Wenn du magst, schau dir mit Hilfe einer Suchmaschine einige Bilder von Macke an.

Hast du schon eine Idee für dein Bild? Dann greife dir deinen Wasserfarbkasten oder deine Aquarellstifte, Pinsel und Papier (besonders geeignet ist Aquarellpapier) und los geht‘s.

Wir möchten euch heute ein besonderes Bild aus unserer Sammlung vorstellen und natürlich auch etwas über den Künstler erzählen, der es gemalt hat: August Macke (1887 – 1914) und sein Ölgemälde „Pierrot“ aus dem Jahr 1913.

An Mackes Lebensdaten seht ihr, dass er sehr jung, bereits mit 27 Jahren, gestorben ist. Er fiel als Soldat im Ersten Weltkrieg – sein umfangreiches Werk ist in nur zehn Jahren entstanden. Er hinterlässt uns Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, kunstgewerbliche Arbeiten wie Stickereien und Schnitzereien, Briefe und Tagebuchaufzeichnungen. In allen Phasen seines Schaffens hat sich Macke intensiv mit den damaligen Strömungen der Moderne auseinandergesetzt und für sein Werk immer das aufgenommen, was zu ihm passte. Einige Einflüsse habt ihr schon kennen gelernt. Nach ersten naturalistischen Bildern, also z. B. Porträts von Menschen, die so lebendig und natürlich dargestellt sind, dass man meinen könnte, sie würden gleich aus dem Bilderrahmen steigen, entdeckte Macke bei einer Parisreise 1907 die impressionistische Malerei. Begeistert von deren neuer heller getupfter Farbigkeit, mischte auch Macke jetzt seine Farben neu. Von jetzt an durfte man den Bildern ansehen, dass sie gemalt sind. Das war ganz neu und eben anders als zuvor. Die Expressionisten und die Künstler*innen um die Gruppe Blauer Reiter inspirierten ihn zu Farben, die auch vom Naturvorbild gelöst waren. Jetzt entdecken wir blaue Berge und gelbe Bäume in Mackes Bildern. Die Details sind nicht mehr wichtig, sondern die Bilder sind aus Farbflächen, die manchmal sogar schwarz umrahmt sind, aufgebaut. Das habt ihr schon in unserer ersten Folge des Kindermuseums bei Alexej Jawlensky kennen gelernt.

Der Mensch und dabei besonders seine Familie und seine Freunde sind Themen in Mackes Werk. Weiterhin Zoos und Tiere, Parks und Landschaften, aber auch Theater und Stadt- und Ladenansichten. Neben den Themen sind es die reinen und leuchtenden Farben, die den meisten Bildern eine positive und heitere Wirkung verleihen. Bis heute sind seine Bilder sehr beliebt und sprechen die Menschen an. Davon wollen wir euch erzählen!

Pierrot-VB

Pierrot, 1913
Öl auf Leinwand, 75 x 90 cm
Kunsthalle Bielefeld
Foto: Philipp Ottendörfer

Schaut euch das Bild eine Weile an. Kennt ihr es von einem eurer Kunsthallenbesuche? Wenn nicht, habt ihr noch bis zum 13. September die Gelegenheit, es euch im Original anzuschauen. Der freie Eintritt bis zu 18 Jahren bleibt bestehen, so dass ihr ganz unkompliziert und ohne Kosten zu uns kommen könnt! Kommt also gerne zum „Pierrot“.

Was passiert auf diesem Bild? Was stellt Macke dar? Wir sehen drei Personen, die sich vielleicht auf einer Bühne befinden. Im Vordergrund rechts steht der Pierrot, abgewandt von dem Paar im Hintergrund links. Das Paar erkennen wir nur als dunkle Silhouette. Es befindet sich in einem angedeuteten Raum mit einem baldachinartigen Dach – fast wie aus einem alten Schloss oder einer Kirche. Am rechten oberen Bildrand können wir vielleicht noch Bäume erkennen. Der Pierrot steht in strahlendem Licht, das Macke mit hellen Farben vermittelt, während das Paar dunkel ist und von dunklen Farben umgeben ist. Aber ist euch aufgefallen, dass es zu dem hellen, sehr warmen Licht geht, das noch weiter im Hintergrund scheint? Es sind auf der einen Seite des Pierrot kühle Farben und auf der anderen Seite warme. Sie steigern sich gegenseitig, da Macke die Komplementärkontraste Orange und Blau und Rot und Grün wählt. Macke hat all diese Räume und Ebenen mit geometrischen Formen und entsprechenden Farben aufgebaut. Sucht einmal die vielen Dreiecke, die er teilweise zu Quadraten zusammenfügt, die Rechtecke und Rundungen. Zu dieser Malweise hat Macke die Freundschaft mit dem Künstlerpaar Sonia und Robert Delaunay angeregt, das er auf einer weiteren Parisreise kennengelernt hat. Bei Macke werden jedoch nie die Figuren zergliedert, sondern nur die Landschaften, die Umgebung. Schaut euch gerne noch einmal die zweite Folge des Kindermuseums zu Sonia Delaunay an. Ihr werdet viele Ähnlichkeiten entdecken.

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August Macke war ein großer Bewunderer des französischen Künstlers Robert Delaunay. Was Delaunay auf seinen Bildern ausprobierte, fand sich wenig später auch in den Gemälden Mackes wieder. Landschaften wurden zu splittrigen Farbflächen. Rund um die auf den Bildern dargestellten Figuren zerfielen Stadtansichten oder Waldwege in geometrische Formen. Ein Beispiel dafür ist das Ölgemälde Pierrot in der Kunsthalle.

Lass dich von Robert Delaunay und August Macke inspirieren – wie vielleicht schon vor einiger Zeit von Sonia Delaunay – und zerlege das Motiv deines Bildes in geometrische Formen.

Ein Gastspiel des russischen Diaghilev-Balletts, ein weltberühmtes Ballettensemble, das im Oktober 1912 in Köln auftrat, regte Macke zu einer Holzschnitzerei und drei Gemälden an. Dazu gehört auch unser „Pierrot“. Bereits als junger Mann hatte Macke selber am Düsseldorfer Schauspielhaus an Bühnenbildern und Kostümen mitgearbeitet. Er war sehr theaterbegeistert. Sergej Diaghilev (1872 – 1929) „erfand“ das Ballett damals ganz neu. Keine klassischen Aufführungen, sondern eine neue Verbindung von Kunst, Musik und Tanz. Wilde, farbenfrohe Kostüme und neuartige Bühnenbilder, die überwiegend von Künstler*innen geschaffen wurden. Pablo Picasso (1881 – 1973), Henri Matisse (1869 – 1954) oder Sonia (1885 – 1979) und Robert (1885 – 1941) Delaunay z. B. entwarfen für ihn Bühnenbilder und Kostüme.

Wenn ihr mögt, könnt ihr hier einen Eindruck von diesen Aufführungen gewinnen (28 Minuten). Der Beitrag ist in englischer Sprache, aber die Bilder sprechen ja für sich.

Da wir nun wissen, dass Macke das Ballett „Carnival“ gesehen hatte, können wir sagen, dass er die letzte Szene, den Höhepunkt und Abschluss daraus darstellt. Der Pierrot wendet sich ab, das Paar hat zueinander gefunden und geht schönen und glücklichen Zeiten, paradiesischen Farben entgegen.

Der Pierrot ist eine klassische Bühnenfigur aus der historischen italienischen Commedia dell´arte. Er ist immer weiß in Samt und Seide gekleidet und anders als bei Macke sind auch sein Gesicht und der Hals meistens weiß geschminkt. Um das zu betonen, sind sogar die Augenbrauen oft schwarz und die Lippen rot gemalt. Hier hat Macke eine schwarze Augenmaske gesetzt. In der Commedia dell´arte gibt es keine individuellen Charaktere, sondern nur Masken und Typen. Anfänglich war der Pierrot eher ein böser und listiger Charakter, aber das hat sich im Laufe der Jahrhunderte verändert. Er ist zum Gegenspieler des lustigen bunten Clowns geworden, dem dummen August, den ihr vielleicht aus dem Zirkus kennt. Der Pierrot wird auch Weißclown genannt und ist klug, seriös und gibt Tipps und Ratschläge. Außerdem spielen alle Pierrots mehrere Instrumente. Habt ihr die Laute unter seinem Arm hier im Bild entdeckt? Und ist euch aufgefallen, dass sie mit den gleichen Farben gemalt ist, wie der Hintergrund, in den das Paar geht? Dort scheint alles positiv und gut zu klingen!

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August Macke hat seine große Liebe Elisabeth bereits mit 16 Jahren kennen gelernt. 1909 haben sie geheiratet und später zwei Söhne bekommen. Der Künstler hatte das Glück, einige Reisen unternehmen zu können, auf denen er viele Anregungen für seine Kunst sammeln konnte. Italien und immer wieder Paris waren seine Ziele. Aber auch München, wo er mit den Künstler*innen des Blauen Reiters, von dem wir euch auch in der ersten Folge des Kindermuseums erzählt haben, zusammenarbeitete.

Auf der Seite des Deutschen Historischen Museums findet ihr eine ausführliche Biografie des Künstlers August Macke:

https://www.dhm.de/lemo/biografie/august-macke

 

Im Frühjahr 1914 konnte August Macke einen langgehegten Wunsch verwirklichen: eine zweiwöchige Reise in den Orient. Bereits seit 1904 beschäftigte Macke sich schon mit diesem Gedanken: Afrika und der Nahe Osten waren für viele Künstler*innen ein Ziel, um dort das Einfache, das Urwüchsige und Paradiesische zu erleben. Die Wärme, exotische Früchte, ein anderes Zeitgefühl und vor allem das besondere südliche Licht faszinierten die Künstler*innen und kamen ihnen fast märchenhaft vor. Das könnt ihr bestimmt gut nachempfinden, wenn ihr vielleicht selber schon einmal so eine Reise unternommen oder in Filmen erlebt habt. Gemeinsam mit seinen Künstlerfreunden Louis Moilliet (1880 – 1962) und Paul Klee (1879 – 1940) machte August Macke sich auf den Weg per Schiff und Zug nach Tunesien in Nordafrika.

Auf dieser Reise entstanden 167 Zeichnungen, 38 Aquarelle und zahlreiche Fotos, die für den Künstler nach seiner Rückkehr Inspirationsquelle für einige Ölgemälde wurden. Seine leuchtenden Aquarelle, die in dieser Zeit entstanden, sind als Tunis-Bilder weltberühmt geworden und heute nicht nur in Museen zu betrachten, sondern auch auf Kalendern, auf Tassen oder Regenschirmen z. B.

Eine Möglichkeit, Bilder Mackes nachzuempfinden, ist das Arbeiten mit farbigem Transparent- oder Seidenpapier. Mit diesen sehr dünnen, transparenten Papieren kannst du eine ähnliche Wirkung erzielen wie mit Aquarellfarben.

Dazu benötigst du Transparent- und/oder Seidenpapiere in den von dir für dein Bild gewünschten Farben, eine Schere, einen Klebestift und ein weißes Blatt Papier.

Das Motiv deines Bildes kannst du, wenn du magst, mit einem Bleistift auf dem weißen Blatt skizzieren. Nun zerschneide oder reiße das Papier in der von dir gewünschten Form und klebe es auf das weiße Papier. Die einzelnen Transparent- oder Seidenpapiere sollten sich dabei immer mal wieder überlappen. So kannst du sowohl die Intensität eines Farbtones verstärken, aber auch noch weitere Farbtöne entstehen lassen, fast wie mit Aquarellfarben.

Reizvoll ist es übrigens, sich einfach treiben zu lassen und ohne genaueren Plan zu starten. Zu schauen, was entstanden ist, wie es wirkt und von dort aus immer weiter zu entwickeln, zu reißen, zu schneiden und zu kleben.

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Die Fotografien der Tunis-Reise August Mackes waren für den Künstler Joachim Jung (*1951) der Ausgangspunkt, ebenfalls diese Reise zu unternehmen und zu versuchen, den Erlebnissen, den Gefühlen und  Erfahrungen Mackes und seiner beiden Reisegefährten nachzuspüren. Der folgende Beitrag lässt auch euch etwas von dieser besonderen Stimmung spüren, auch habt ihr die Möglichkeit, Bilder aus dem Fotoalbum der Mackes zu sehen.

https://www.youtube.com/watch?v=3s7MAeURRbk

Im August 1914 brach dann der Erste Weltkrieg aus. Wenige Wochen nach der Tunis-Reise, die sicher als ein sehr herausragendes Erlebnis im Leben des Künstlers gesehen werden kann, wurde August Macke als Soldat eingezogen. Er starb am 26. September 1914 an der Westfront in Frankreich, nur einen Monat nach Ausbruch des Krieges.

Bereits 1911 waren Elisabeth und August Macke nach Bonn übergesiedelt. In dem Haus dort hatte Macke endlich ein Atelier, das er gemeinsam mit seinem Freund, dem Maler Franz Marc (1880 – 1916) mit einem Fresko (einer Wandmalerei) ausschmückte. Paradiesszenen, Tiere und Menschen in wuchernder Natur an einem plätschernden Bach, direkt auf den feuchten Putz gemalt. Diese Arbeit könnt ihr heute im LWL-Museum Münster anschauen. Als das Haus renoviert werden musste, wurde das Fresko nämlich abgetragen, um es so zu erhalten.

Seit 1991 ist das Bonner Wohn- und Atelierhaus, in dem zu Mackes Zeiten viele nationale und internationale Künstler*innen zu Gast waren, ein Museum. Ihr habt dort nicht nur die Möglichkeit, dieses Künstlerhaus und Originalwerke Mackes zu sehen, sondern könnt auch Texte und Briefe einsehen. Oder ihr genießt ein Eis auf der Gartenbank in dem herrlichen dazugehörigen Garten.

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Zeichnungen: Vera Brüggemann, 2020, © Vera Brüggemann